Vaihinger Maientag

26.-30. Mai 2023

Als nach dem verheerenden Stadtbrand von 1693, dem auch das Stadtarchiv zum Opfer gefallen war, die Vaihinger ihre Rechte und Pflichten wieder festzuhalten versuchten, notierten sie u. a., dass »unbekannte gutherzige Leute« dreihundert Gulden »zum Mayenlauf« gestiftet haben; »im Monat May ist der hieraus verfallende Zins den hiesigen Schulkindern mit Papier, Nesteln und rothen Bändeln auszutheilen«.

Außerdem erhielten an diesem Tag fast alle, die in der Stadt ein geistliches oder weltliches Amt bekleideten, und die eingesetzten Ordnungshüter ein Weinpräsent aus dem Spitalkeller.

Der älteste Nachweis findet sich in einem Rechnungsbuch des Spitals, dass am 25. Mai 1687 »die Kinder umb dasz Pappyr [= um das Papier] geloffen« sind. Besonders eindrucksvoll ist die Formulierung im Protokollbuch des Stadtgerichts, dass dieses am 15. April 1706 »resolviret« [= beschlossen], dass man »in künfftigem Monath Maio, wann es die Kriegsunruch und March [= Marsch] der Völckher nicht verhindert, die sambtliche Kinder wider, wie vor disem auch geschehen, in die Majen führen wolle«.

Der Maientag ist das älteste weltliche Fest der Stadt. Er geht zurück auf ein Schulfest, das wohl im Zusammenhang mit der Gründung der Lateinschule – möglicherweise bereits um 1400 – gestiftet und jedes Jahr gefeiert wurde. Dabei zogen die Lateinschüler mit ihren Lehrern, zu denen sich später auch Lehrer und Schüler der deutschen Schule gesellten, vor die Stadt, in Vaihingen auf den Egelsee, wo sie sich einen ganzen Tag mit Spielen und Tanzen vergnügen durften.

Der Papierlauf, bei dem man das wertvolle Schreibpapier gewinnen konnte, war stets ein wichtiger Bestandteil, ebenso das Abschneiden von Ruten (grünen Ästen), die am Abend in die Stadt getragen wurden. Solche aus dem Spätmittelalter herrührenden Feste lassen sich u.a. in Nürtingen, Ravensburg und Lauffen am Neckar (wo das Fest nicht mehr gefeiert wird) nachweisen.

Spätestens im 18. Jahrhundert entwickelte sich das Schulfest zu einem Fest der ganzen Bürgerschaft, bei dem sich Jung und Alt auf dem Egelsee vergnügte, und das mehr und mehr auch Besucher von auswärts in die Stadt zog.