Karl-Heinz Helmschrot
Stefan Friedrich
Johann
Stefan Friedrich
Canaval Twins
Stefan Friedrich
Duo One Line
Stefan Friedrich
Leoni
Stefan Friedrich
Stefan Friedrich

Akrobatik ohne Netz und doppelten Boden beim Vaihinger Kultursommer

Vaihingen. Mit der Varieté-Show „Spin“ zeigte der Vaihinger Kultursommer am Samstagabend eine weitere Facette, die zum Staunen und Träumen einlud, weil sich im wahrsten Sinne des Wortes alles um versierte Nachwuchskünstler drehte, die die Bühne zu einem Zentrum meisterhafter Akrobatik werden ließen.

„Spin! Das neue Varieté dreht sich“, heißt diese Show, die das Publikum ebenso fasziniert wie begeistert hat. Eine Show, die die zahlreichen Besucher zwischen charmantem Witz und atemberaubenden Darbietungen ohne Netz und doppelten Boden gefesselt hat, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie nicht wie ein irgendwie aneinandergereihter Ablauf von unterschiedlichen Programmpunkten daher kam, sondern inhaltlich klug zusammengestellt war und erkennbar einem roten Faden folgte, den die Artisten um Karl-Heinz Helmschrot gesponnen hatten. Helmschrot ist dabei nicht nur für die Regie dieser Show verantwortlich gewesen, er hatte auch die Moderation übernommen und sich dabei als wortgewandter Sprachkünstler erwiesen, der nicht nur das Spiel mit den Buchstaben beherrschte, sondern auch als Jongleur zwischen Regenschirm und Hut – wie später auch als Flamenco-Gitarrist – eine glänzende Figur abgab, zumal seine Moderationen auch in den kleinen Details stimmig und geistreich waren, wenn er mit Requisiten eben jene Moderationen mit Leben füllte oder eine Ode an die mitgenommenen Männer vortrug.

Den Reigen an akrobatischen und artistischen Darbietungen hatte zunächst Leoni mit einem Cyr Wheel eröffnet; ein Gerät, das dem Rhönrad ähnelt, allerdings mit nur einem einzigen Reifen auskommt. In dieser stimmungsvollen Komposition aus Licht, Musik und anmutig leichten Bewegungen war das ein erster Hingucker an diesem Abend, der auch in technisch anspruchsvollen und kräftezehrenden Momenten immer dieses wichtige Maß an Leichtigkeit in sich trug, das entscheidend dafür ist, ob man sich auf eine solche Nummer einlassen und ganz darin versinken kann. Am Samstagabend ist es allen Artisten gelungen, die viele Arbeit, die alleine schon im Einstudieren dieser oft auch spektakulären Darbietungen steckt, vergessen zu lassen, weil sie einerseits eine sehr ästhetische und nicht selten auch poetische Form gefunden hatten, wie sie den Grundgedanken eines sich drehenden Systems mit Leben füllten, andererseits aber genau diese elegante Leichtigkeit auf die Bühne brachten, von der eine solche Varieté-Show letzten Endes lebt.

Das Duo One Line beispielsweise war so etwas wie die Schnittstelle zwischen Comedy, Beatbox und Diablo. Alle drei Facetten flossen stilvoll ineinander, humoristische Elemente bildeten förmlich eine Symbiose mit erstaunlichen Diabolo-Jonglagen. Luzie Lou wiederum schien förmlich unterm Bühnen-Dach zu schweben, als sie an einem Luftring leidenschaftliche Kombinationen präsentierte und dabei ein ebenso hohes Maß an Körperbeherrschung an den Tag legte, wie später auch Luftakrobat Johann, der sich mithilfe von Strapaten in die Luft schraubte. Das versprühte in den nicht enden wollenden Drehungen – untermauert durch Kunstnebel und Lichteffekte – einen besonderen Zauber, wie auch die grandiose Jonglage am Ende der rund zweistündigen Varieté-Show, als die Canaval Twins Florian und Michael auf der dunklen Bühne standen, klassische Jonglage mit eindrucksvollen Lichteffekten verknüpften und die Bühne förmlich zum Leuchten brachten. Auch das ist ein Zeichen davon, was im modernen Varieté alles möglich ist, wenn man die eigene Kunst mit aktueller Technik kombiniert.

Diese Mischung aus Comedyelementen, musikalischen Beiträgen und hochwertiger Akrobatik überzeugte das Vaihinger Publikum, das am Ende mit lautstarkem Applaus und stehenden Ovationen nicht gegeizt hat, dank einer herausragenden Besetzung, die eines gemein hatte: Alle Künstler sind an der Staatlichen Artistenschule in Berlin ausgebildet worden. Um den Nachwuchs in diesem Bereich muss einem mit einer solchen Show im Rücken folglich nicht bange sein.