Anstoßen
Stefan Friedrich
Das Große Blasorchester
Stefan Friedrich
Big Band
Stefan Friedrich
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Mit Fanfarenklängen in den Kultursommer

Vaihingen. Der Start in den Vaihinger Kultursommer 2023 ist geglückt: am Freitagabend feierten mehrere hundert Besucher gemeinsam mit dem Musikverein Vaihingen einen bunten Abend, der von Fanfarenklängen angekündigt worden ist, die vom Schloss herunter in Richtung Enz kamen; ein Abend, in dessen Mittelpunkt das Große Blasorchester unter der Leitung von Sebastian Schwarz stand, ehe die MVV-Bigband kurz vor Mitternacht übernahm.

Was könnte es Schöneres geben, als wenn der Kultursommer mit denen beginnt, „die in Vaihingen für Kultur stehen und die es selber machen“, so Oberbürgermeister Uwe Skrzypek, der an diesem Abend nicht nur die Begrüßung, sondern gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Musikvereins Vaihingen, Gerd Wagner, auch gleich die Moderation übernahm. Der Grund dafür ist schnell erklärt: sowohl Musikverein als auch Stadt feiern in diesem Jahr ein Jubiläum. Der Musikverein wurde 1848 gegründet, also vor 175 Jahren; die Große Kreisstadt wiederum gibt es seit einem halben Jahrhundert. „Grund genug zum Feiern“, betonte der OB und Wagner pflichtete ihm bei. Im Großen wie im Kleinen funktioniere es eben nur gemeinsam, „wenn alle an einem Strang ziehen“, sagte er. Dass der Musikverein diesen Kultursommer eröffnen darf, das sei insofern ein schönes Geschenk gewesen, wie er sich auch darüber freue, dass der Zusammenhalt unter den Musikvereinen im Stadtgebiet groß geschrieben wird. „Einige Musiker von den anderen Vereinen habe ich heute schon begrüßen dürfen“, sagte Wagner. Mit ihnen und allen anderen im Publikum haben die beiden Moderatoren des Abends erst einmal angestoßen, dann übernahm das Große Blasorchester, das ohnehin schon Platz auf der Bühne genommen hatte.

Für diesen Auftakt zum Kultursommer 2023 hatten sie in großen Teilen auf ein Programm zurückgegriffen, das auch schon beim Platzkonzert des diesjährigen Maientags gespielt worden ist und am Freitagabend unter dem Motto „Let us entertain you“ lief, angelehnt natürlich an einen Song von Robbie Williams, der dementsprechend auch den musikalischen Reigen eingeleitet hatte. „Es ist für mich ein sehr gutes Beispiel, wenn auch nur eines von mehreren heute Abend, wie man klasse Popmusik durchaus auch für symphonische Blasorchester orchestrieren kann und sie sich trotzdem noch gut anhört“, bemerkte Wagner. Und wer, wenn nicht das Große Blasorchester, könnte diese Aussage mit Leben füllen, indem es mit viel Schwung in diesen Abend einstieg; ein Abend, der immer wieder geprägt war von der hohen Qualität des Ensembles, das sich letztlich auch gut an die akustischen Bedingungen am Enzufer eingestellt hatte.

Die Erfahrung vom Platzkonzert spielt mit rein

Dass sie mit einem breiten Repertoire richtig gut aufgestellt sind, das ist ohnehin den meisten schon bekannt; deshalb ist immer auch die Frage der Zusammenstellung eines solchen Programms interessant, und genau da hat Dirigent Sebastian Schwarz mit seinen Musikern ein gutes Händchen bewiesen. Die Erfahrung vom Platzkonzert dürfte da mit reingespielt haben. Schon an Pfingsten hatten sie mit Hits aus den 80er Jahren bei vielen Besuchen schöne Erinnerungen geweckt – in diesem Fall sogar noch ein bisschen mehr als kürzlich: da durfte der Skandal im Sperrbezirk ebenso wenig fehlen, wie die Münchner Freiheit oder Peter Schilling, wie er mit Major Tom völlig losgelöst in die Weiten des Weltalls abtaucht. Dazu gab es eine Hommage an Led Zeppelin unter anderem mit dem Klassiker „Stairway to Heaven“, der bei der herbstlichen SWR1-Hitparade traditionell ganz vorne mit dabei ist, oder ein Wiederhören mit Jon Bon Jovi. Es ist also immer wieder bemerkenswert, wie gut Pop auch auf diese Ebene funktioniert, wenn das Arrangement stimmt und vor allem: wenn das Ensemble so viel Lust an den Charterfolgen von damals hat, dass sie zumindest in Teilen zwischendurch auch mal das Instrument zur Seite legen und lauthals mitsingen.

Die andere Facette, für die das Große Blasorchester natürlich bekannt ist, ist die Welt der symphonischen Blasmusik, in der es sich erkennbar wohlfühlt, zu hören beispielsweise bei „The legend of Maracaibo“, eine Komposition, die die Seeschlacht bei Vigo in Spanien mit kraftvollen Nuancen und heldenhaften Kämpfen förmlich greifbar macht. Nicht ohne Grund ist es für Wagner ein Lieblingsstück, während Skrzypek sich schon auf die musikalische Hommage an die Stadt Vaihingen freut, die das Große Blasorchester bei seinem Herbstkonzert uraufführen möchte. Fertiggestellt ist die Komposition inzwischen. „Wir haben die erste Einspielung gehört und ich persönlich bin begeistert“, kündigte Wagner an. Komponist Guido Rennert wird bei dieser Gelegenheit wohl persönlich anwesend sein. Hundertprozentig sicher ist es zwar nicht, „aber wir sind guter Dinge“, so Wagner. Skrzypek wiederum würde das begrüßen. Er könne sich noch gut an den unkomplizierten Besuch von Rennert erinnern, als dieser die Stadt erkundet hatte, um sich so für sein Werk inspirieren zu lassen.

Die Chemie zwischen dem Vorsitzenden und dem OB stimmt

Die Chemie zwischen dem Vorsitzenden des Musikvereins und dem Oberbürgermeister der Stadt Vaihingen, auch das ist eine Erkenntnis dieses Abends, scheint zu stimmen – und zwar so gut, dass am Ende sogar die eigentlich eingeplante Zugabe entfallen musste, weil sie beide sich ein bisschen verquatscht hätten, scherzte Wagner. Manche Besucher hatten diese Entscheidung hörbar bedauert, allerdings war sie in gewissem Sinne auch alternativlos, schließlich war zu diesem Zeitpunkt der Abend bereits weit vorangeschritten und die Big Band des Musikverein Vaihingen sollte noch ihren Auftritt bekommen. „Wir spielen, so lange man uns lässt“, sagte Wagner. In dem Fall war das klar definiert: Punkt Mitternacht musste Schluss sein, länger war nicht erlaubt.

Der Big Band blieb also eine knappe Dreiviertelstunde, um die noch gebliebenen Zuhörer schwungvoll in den Abend zu verabschieden.